Confitemini Domino — Ps. CXXXV. (136)

Beherrschende Figuren des Bildes sind der auf dem Thron sitzende erschrockene  Pharao und der gewaltig vor ihm stehende Moses. Denn Aaron hat gerade mit der Wunderhilfe des Herrn seinen Stock in eine Schlange verwandelt, die den Pharao anzischt.

„Der große Könige schlug und mächtige Könige tötete, Sihon, den König der Amoriter, und Og, den König von Baschan“ (135; 17,20)

Während es in mehreren Psalmen einzelne Verse gibt, die vermuten lassen, daß der Psalm ganz oder teilweise als Litanei gesungen wurde, ist der Befund bei Psalm 135 unverkennbar: Jede zwei­te Vershälfte besteht aus der Akklamation: Denn seine Barmherzigkeit ist unverbrüchlich. Auch da, wo sich die zu bekräftigende Aussage auf mehrere Verse verteilt und ein modernes Ver­ständnis den Einschub der Akklamation eher als Zerstückelung empfinden könnte wie etwa bei den Versen 11 und 12 oder 17 und 18. Ein ganz ähnlicher Satz steht übrigens in den Psalmen 105 und 106 jeweils als einleitender Vers. Das könnte bedeuten, daß er auch dort als Akklamation dienen soll, die nach jedem Vers oder jeder Strophe von den Betern wiederholt wird – wissen kann man das nicht.

Wenn man sich von dieser Akklamation nicht ablenken läßt, erweist sich dieser Psalm in seinem Inhalt und Gedankengang weitgehend als Parallelbildung zu Psalm 134 – ein feierliches Glaubensbekenntnis der zum Gottesdienst versammelten Gemeinde, das durch die in kurzen Rhythmen eingeschobene Akklamation wirkungsvoll verstärkt wird.

An erster Stelle steht die Anrufung und Anerkennung Gottes als „Gott aller Götter“ und „Herr aller Herren“ – wobei der Gottesname Jahweh selbst nicht genannt wird, auch nicht in der schriftlichen Form. Die nächsten Verse rufen Gott als Schöpfer von Himmel und Erde und aller Gestirne an – dann wendet sich der Blick der Beter zu einzelnen Sta­tionen der Heilsgeschichte vom Auszug aus Ägypten über den Wüstenzug bis zu den Kriegen um die Inbesitznahme des gelobten Landes. Die Verse 23 und 24 betonen dann noch einmal das Gnadenhandeln des Herrn als Retter seines Volkes, ohne einen beson­deren Anlaß zu nennen, und die beiden letzten Verse runden das Bild ab: Gott ist Schöpfer und Erhalter allen Lebens, alle sind aufgerufen, ihm „immer und überall dankzusagen“.

Diese Assoziaton an die Präfation der Meßliturgie kommt hier nicht ohne Grund. Die meisten Übersetzungen – begnügen sich an dieser Stelle wohl im Anschluß an die Tradition der Septuaginta/Vulgata mit einem „dankt dem Gott des Himmels“ – aber die hebräische Version hat hier einen Ausdruck, der die Himmel (Plural) und die ganze Erde umfasst, und das erscheint an dieser Stelle überaus passend. Glaubensbekenntnis und Ausdruck feierlichen Dankes an den Schöpfer, Erhalter und Erlöser allen Lebens – so können auch die Christen diesen Psalm aus ganzem Herzen beten, selbst wenn sie die Erinnerung an die Könige Sihon und Og längst verloren haben.

Tatsächlich kann der Verlust dieser Erinnerung sogar eine Gnade sein. Verse wie 17 bis 20, die dem Herrn für seine Unterstützung bei der Inbesitznahme des Landes danken, dienen bis auf den heutigen Tag bei Israelis, die es sonst nicht so sehr mit der Religion haben, zur Rechtfertigung einer Politik, die sich zweitausend Jahre nach der Verkün­digung des neuen Bundes eigentlich nicht auf Gott den Schöpfer und Erhalter berufen sollte. Woran die Christen sich freilich ihrerseits ebenfalls immer wieder erinnern lassen müssen.

Gleich der nächste Psalm gibt Gelegenheit, auf das hier angesprochene und bis auf den heutigen Tag nicht wirklich bewältigte Problem zurück zu kommen.

Letzte Bearbeitung: 20. April 2024

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