Lauda anima mea Dominum —
Ps. CXLV. (146)

„Der Herr hat Himmel und Erde geschaffen, das Meer und all seine Geschöpfe.“ (145; 6)
Mit Psalm 145 beginnt eine Reihe von 6 (nach hebräischer Zählweise sind es 5) Psalmen, die (mit Ausnahme von 145 in der Septuaginta-Tradition) alle keine Überschrift mit einer Autorengabe haben, alle durch den Ruf „Halleluja!“ eingeleitet werden, und alle – darin schließen sie an die unmittelbar vorangehenden Psalmen an – Loblieder auf den Herrn, auf seine Macht und Güte, darstellen, ohne daß dieses Gotteslob eines besonderen Anlasses bedürfte. Für die frommen Juden bildete diese Reihe das „Hallel“ des täglichen Morgengebetes.
Ganz allgemein werden sie nicht nur als Schlußkapitel des 5. Buches der Psalmen aufgefaßt, sondern als zusammenfassender und krönender Abschluß des ganzen Psalters verstanden. Tatsächlich handelt es sich dabei jedoch keinesfalls um eine einfache Zusammenfasung. Einige wichtige Motive wie der des Tun-Ergehens-Zusammenhanges tauchen überhaupt nicht auf, andere, insbesondere apokalyptische oder endzeitliche Gedanken, werden erstmals angedeutet. Dazu kommen diverse sprachliche Schwierigkeiten – selbstverständlich ist hier gar nichts.
Die Psalmen 146 und 147 der Septuaginta-Tradition bilden im Hebräischen einen Psalm 147 – für die drei letzten Psalmen haben beide Traditionen dann wieder gemeinsame Nummern 148 – 150. Die Frage, ob 146 und 147 eher einen oder zwei Lieder darstellen, soll dort behandelt werden – hier geht es zunächst um 145.
In Wortlaut und Verszählung weist 145 zwischen der westlichen Tradition und dem hebräischen Text der Masoreten diverse Unterschiede auf, die jedoch den Inhalt und dessen Gedankengang kaum beeinflussen. Ausgangspunkt ist die vom Sänger zunächst an sich selbst gerichtete Aufforderung, den Herrn in und mit seinem ganzen Leben zu verherrlichen – denn mit dem Tod ist es vorbei mit all seinen Plänen. (4) Das ist hier noch weniger als sonst in dem Sinne zu verstehen, daß mit dem Tod „alles vorbei“ wäre – es bleibt die Hoffnung in der Allmacht Gottes bewahrt und geborgen zu sein (5).
Die folgenden Verse beschreiben dann die Allmacht und das Erbarmen Gottes an mehreren Beispielen von der Erschaffung der Welt und alles Lebens (6) bis zu seiner alles erhaltenden Güte und Gerechtigkeit (9). Die Pläne und das „Tun“ des Menschen mögen mit seinem Tod ihr Ende finden – Die Macht und die Barmherzigkeit Gottes reichen darüber hinaus (10). Wenigstens für den Menschen, der „im Lob“ (2) des Herrn – und das heißt doch auch in seinem Gesetz – gelebt hat. Somit enthält Psalm 145 noch keine sehr bestimmte Verheißung des Ewigen Lebens, die erst Christus verkündet hat – aber doch dessen Vorausahnung. Psalm 145 steht so unverkennbar an der Schwelle zwischen dem Glauben des alten und des neuen Bundes, daß sein Gebet für den Christen kaum einer besonderen Erläuterung oder Ermutigung bedarf bedarf.
Letzte Bearbeitung: 20. April 2024
*